In Nordrhein-Westfalen hat es im Jahr 2023 mindestens 16 306 Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen gegeben. Inobhutnahmen nach § 42 SGB VIII werden vom Jugendamt durchgeführt, wenn ein unmittelbares Handeln zum Schutz von Minderjährigen in Eil- und Notfällen als geboten erscheint. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, lag die Zahl der von den Jugendämtern gemeldeten Inobhutnahmen auf einem ähnlichen Niveau wie im Jahr zuvor (2022: 16 546).
Da jedoch einige Jugendämter für das Jahr 2023 keine oder nur unvollständige Daten melden konnten, ist davon auszugehen, dass die Fallzahl im letzten Jahr tatsächlich höher ausfiel. Ursächlich für die fehlenden bzw. unvollständigen Meldungen ist ein Cyberangriff bei einem kommunalen IT-Dienstleister in Südwestfalen. Zudem konnte ein Jugendamt infolge einer technischen Anpassung nur unvollständige Daten liefern.
Werden für die Städte und Kreise mit fehlenden bzw. unvollständigen Daten die Ergebnisse aus dem Vorjahr herangezogen und der allgemeine Anstieg berücksichtigt, ergibt sich eine geschätzte Zahl von 17 099 Inobhutnahmen im Jahr 2023 (+3,3 Prozent gegenüber 2022).
Anzahl der Inobhutnahmen nimmt wieder zu
Nach einem Höchststand im Jahr 2016 mit mehr als 22 000 Inobhutnahmen war die Zahl in den Folgejahren zunächst gesunken; 2021 hatte es knapp 12 200 Fälle gegeben. In den Jahren 2022 und 2023 erhöhte sich die Fallzahl wieder auf jeweils 16 000 Inobhutnahmen in NRW. Fast die Hälfte der gemeldeten Fälle waren vorläufige oder reguläre Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen, die unbegleitet aus dem Ausland eingereist waren
Laut Gesetz ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, minderjährige Personen in Obhut zu nehmen, wenn diese selbst um Obhut bitten oder eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen besteht. Im Jahr 2023 erfolgten 1 862 Inobhutnahmen auf eigenen Wunsch der minderjährigen Person (11,4 Prozent aller gemeldeten Fälle) und 6 776 Inobhutnahmen wegen dringender Kindeswohlgefährdung (41,6 Prozent).
Zudem erfolgt eine Inobhutnahme, wenn eine minderjährige Person aus dem Ausland unbegleitet nach Deutschland einreist. Dazu werden die Minderjährigen zunächst unmittelbar nach der Einreise vorläufig in Obhut genommen. Je nach Einschätzung der Situation erfolgt ggf. im Anschluss eine Verteilung auf die Jugendämter im Bundesgebiet für eine reguläre Inobhutnahme: Im Jahr 2023 gab es in NRW 4 021 vorläufige Inobhutnahmen (24,7 Prozent aller gemeldeten Fälle) und 3 647 reguläre Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen, die unbegleitet aus dem Ausland eingereist waren (22,4 Prozent).
Mehr männliche als weibliche Minderjährige in Obhut
Von allen 16 306 deutschen wie ausländischen Minderjährigen, die 2023 laut Meldung in NRW in Obhut genommen wurden, waren 66,8 Prozent männlich und 33,2 Prozent weiblich. 69,4 Prozent der im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen unter den Schutz des Jugendamtes gestellten Minderjährigen waren 14 Jahre oder älter und 30,6 Prozent unter 14 Jahre alt.
Methodische Hinweise:
Das Statistische Landesamt weist darauf hin, dass Doppelzählungen von Kindern und Jugendlichen möglich sind, wenn diese zum Beispiel nach einer unbegleiteten Einreise aus dem Ausland zunächst vorläufig und im Anschluss noch einmal regulär von einem Jugendamt in Nordrhein-Westfalen in Obhut genommen wurden.
Im Zusammenhang mit dem Cyberangriff auf die Südwestfalen-IT konnten einige Jugendämter nicht bzw. nicht vollständig für die Statistik liefern. Daher liegen für die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe keine vollständigen Daten vor. Weitere Informationen zum Cyberangriff finden Sie unter https://www.it.nrw/cyberangriff-suedwestfalen-auswirkungen-auf-die-statistik. In der Kommune Essen konnte zudem eine notwendige Anpassung der Fachverfahren für die Meldung an das Statistische Landesamt nicht rechtzeitig umgesetzt werden. Aus technischen Gründen war eine Nachlieferung der Daten nicht möglich. (IT.NRW)