
Wilhelm Schnittcher, Sandra Depping und Gaby Breitfeld an einer der Tafeln. Die Geschichte vom „Eselsei“ findet man am Dorfgemeinschaftshaus in Mossenberg.
Dieser Ausruf dürfte vielen älteren Bürgern in unserer Umgebung noch gut bekannt sein, denn diese Redewendung verwendete man früher im Allgemeinen, wenn jemand etwas besonders Blödsinniges angestellt hat. Was viele nicht mehr wissen: Mossenberg galt lange als das „Lippische Schilda“, die Mossenberger also als „lippische Schildbürger“. Zu verdanken ist das vermutlich einem Vermessungsingenieur, der bereits im 19. Jahrhundert bei der durchgeführten preußischen Landvermessung Geschichten von törichten Mossenbergern gesammelt und aufgeschrieben haben soll. Insgesamt wurden 11 Geschichten über das kleine Dorf im Blomberger Becken verfasst. Einige davon erhielten zu Zeiten unserer Großeltern einen hohen Bekanntheitsgrad, da sie sogar in die Schullesebücher übernommen wurden.
Der Heimatverein Mossenberg-Wöhren e.V. wollte die Geschichten wieder in den Fokus rücken. Nicht nur deren Bekanntheit sollte wiederbelebt werden, sie sollen auch für die Nachwelt dauerhaft erhalten bleiben. So entstand die Idee, Schilder/ Tafeln entlang eines eigenen Wanderweges aufzustellen. So schnell die Schriftführerin des Vereins mit ihrer Idee auch überzeugen und Mitstreiter finden konnte- es ist ihr wichtig zu betonen, dass das Ergebnis nicht nur ihr Verdienst sei- so sehr zogen sich die Vorbereitungen jedoch in die Länge.
Am letzten Augustwochenende war es dann so weit. Im Rahmen eines „Heimattages“ präsentierte der Heimatverein Mossenberg-Wöhren e.V. das Ergebnis, von dem sich sowohl der Bürgermeister Christoph Dolle als auch diese Redaktion überzeugen konnten. Insgesamt 11 Tafeln mit jeweils einer Mossenberger Geschichte wurden in den Ortschaften Mossenberg und Wöhren und auf einem Teilstück des Nelkenweges (Wanderweg um Blomberg) aufgestellt. Ein eigener Wanderweg sollte es eigentlich sein – diese Hürde konnte aufgrund der Bürokratie jedoch nicht umschifft werden. Der Heimatverein nahm es am Ende gelassen.
„Mal einfach eben so“ ist in Deutschland nicht, also ohne bürokratische Stolpersteine, dennoch gab es auch seitens der Verwaltung Unterstützung. Beim Kreis Lippe bedankte sich Sandra Depping während ihrer Präsentation daher auch herzlich bei den Ansprechpartnern vom Kreis Lippe für die Unterstützung bei Gestaltung und Fertigung der Schilder und bei der „Dorfcoach/In“ für die vielen Informationen zur Beantragung von Fördermitteln – sehr löblich. Die Tafeln selbst wurden aufwändig gestaltet. Wie bereits erwähnt hat jede Geschichte eine eigene Tafel erhalten. Manche Geschichten lagen nur in plattdeutscher Mundart vor. Diese wurden übersetzt, so dass man auf der Tafel dann beide Varianten lesen kann.
Zum Teil wurden die Tafeln auch noch mit weiteren Informationen versehen. Auf der Tafel mit der Geschichte „Die Mossenberger Störche“ gibt es zum Beispiel zusätzliche Fakten über den Weißstorch zu lesen, oder bei der Geschichte „Der Mossenberger Papagei“ über die heimische Greifvogelwelt. Besonders erwähnenswert sind auch die Illustrationen, mit denen manche Tafeln versehen sind. Gemalt wurden sie von Reinhard Haase anlässlich des Heimatfestes 1988.
Auch in diesem Jahr wird die Stadt Blomberg in Zusammenarbeit mit dem Land NRW wieder einen Preis vergeben, den Blomberger Heimatpreis 2025. Dieser Preis wird in Blomberg mittlerweile zum siebten Mal mit dem Ziel ausgelobt, außergewöhnliches Engagement für die Heimat zu würdigen und das Bewusstsein für lokale Traditionen und Projekte zu stärken. In den vergangenen Jahren konnte der Heimatpreis bereits 23 engagierte Persönlichkeiten und Initiativen ehren – und in diesem Jahr ist ein nominierter Kandidat der Heimatverein Mossenberg-Wöhren mit den Geschichten rund um die Ortsteile Mossenberg und Wöhren.
Am vergangenen Heimattag bestand für Interessierte die Möglichkeit, darunter auch Bürgermeister Christoph Dolle, sich die Tafeln bei einer Planwagenfahrt anzuschauen. „Der Heimatpreis ist ein starkes Signal für die Vielfalt des ehrenamtlichen Engagements in Blomberg. Wir möchten damit die Menschen in unserer Stadt für ihre außergewöhnliche Arbeit anerkennen und gleichzeitig andere dazu anregen, sich ebenfalls für das Gemeinwohl einzubringen“, erklärte der Bürgermeister. Insofern würden sich die Initiatoren aus Mossenberg und Wöhren sicherlich über die Wertschätzung des Preises freuen.
Wenn man sich die einzelnen Geschichten einmal durchliest, stellt sich der Redaktion im Anschluss eine Frage: „Wer waren eigentlich die Schildbürger?“ Sicherlich nicht ganz so ernst zu nehmen, doch die Geschichten sind faszinierend. Angefangen mit der Verlegung eines ganzen Dorfes vom Berg ins Tal unter Zuhilfenahme eines Mühlsteins um den tiefsten Punkt zu finden, in dem der Mossenberger „Vocke“ steckte und dabei seinen Kopf verlor. Auch die Geschichten vom „Eselsei“, „Der Streit um die Kapelle“ oder dem „Mossenberger Papagei“ ziehen schnell in ihren Bann. Eine erste Kostprobe veröffentlichen wir in dieser Ausgabe.
Mit einem Augenzwinkern möchte der Heimatverein Mossenberg-Wöhren e.V. noch feststellen: Heute gibt es übrigens keine törichten Mossenberger mehr, da sie sich in fast jeder Geschichte selbst dezimierten. Wer die Geschichten liest, wird auch folgenden Satz finden: „Niu wonnt hür Gescheute, datt es doch ganz klor, denn van den Dussels is keuner mar dor“ (jetzt wohnen hier Gescheite, das ist doch ganz klar, denn von den Dummen ist keiner mehr da).
Der Streit um die Kapelle
Die Mossenberger hatten immer ihren Ärger darüber, dass sie keine Kapelle im Dorfe hatten. Wenn einer der ihrigen starb, so musste immer in Wöhren geläutet werden. Kam der Wind gerade aus der verkehrten Richtung, so konnte man nicht einmal etwas von dem Geläut vernehmen.
So hielten denn die Mossenberger eines Tages eine Versammlung und beschlossen, die Kapelle in ihr Dorf zu holen. Doch es war leichter, solch ein Unterfangen zu beschließen, als zur Tat werden zu lassen. Die Kapelle war zu groß, als dass man sie hätte tragen oder fahren können. Doch müsste es wohl möglich sein, sie vorsichtig zu rollen, dachten sie.
Aus dem ganzen Lipperlande wurden Erbsen eingesammelt, viele Säcke voll und zwischen Wöhren und Mossenberg ausgestreut. In der Nacht sollte nun das ganze Werk ausgeführt werden. Klug, wie sie einmal waren, zogen sie einen Bindfaden von einem Ort zum anderen, damit sie in der Dunkelheit den Erbsenpfad nicht verfehlten.
Die Wöhrener aber hatten gemerkt, was ihre Nachbarn im Schilde führten und zogen den Bindfaden über einen Teich. Als nun die Mossenberger an dem Faden entlang den Weg zur Kapelle nehmen wollten, fielen sie alle in das Wasser. Ertrunken sind sie darin zwar nicht, aber sie mussten doch nass wie die Katzen und unverrichteter Dinge wieder heimkehren.
Manche sagen nun, sie hätten sich nach diesem unglücklichen Ausgang zufrieden gegeben. Andere aber wollen wissen, sie hätten es doch noch zum zweiten Male versucht. Sie hätten nachts auch den Weg richtig gefunden und sich hinter der Kapelle aufgestellt und dann gedrückt nach Leibeskräften. Und zwar nicht nur gegen die Mauer, sondern ein Mann gegen den anderen, so dass am anderen Morgen ihrer viele zerquetscht am Boden gelegen hätten.
Ob das nun wahr ist, wer weiß? Man darf ja nicht alles glauben, was die Leute sagen. Sicher ist nur eins, dass die Kapelle heute noch in Wöhren steht.
(aus Jugendborn)
Pressemeldung Heimatverein Mossenberg-Wöhren