„Die eigenen vier Wände werden wieder erschwinglicher“ titelte kürzlich ein großes Nachrichtenportal. Unsere Redaktion wollte wissen, ob dem wirklich so ist und hat dazu den Blomberger Immobilienfachmann Stephan Duray von der Sparkasse Paderborn-Detmold-Höxter befragt und gleich noch ein paar Tipps in Erfahrung bringen können.
Hintergrund: Nach Angaben von „statista“ lag der Index für Immobilien in Deutschland im 1. Quartal 2004 bei 100, sank zwischenzeitlich (2007 bis 2009) auf 95 und stieg bis 2013 auf 104 an – alles normale Schwankungen. Ab 2014 ist der Index jedoch schon fast explosionsartig in die Höhe geschnellt und hat mit einem Wert von 200 in 2022 in den Wachstumsregionen einen Höhepunkt erreicht (Deutschland ges. 184). Aktuell sinkt der Index wieder und lag im 2. Quartal 2024 noch bei 184.
Herr Duray, was sind die Hauptursachen für einen solchen Anstieg?
Zunächst waren die Immobilien in Deutschland deutlich unterbewertet – dann kam die historisch einzigartige Niedrigzinsphase mit Zinsen unter 1%. Der Index verdeutlicht, dass sich die Kaufpreise auf einem höheren Niveau stabilisiert haben.
Für Eigennutzer sei Wohnraum nach einer neuen Prognose des Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung wieder erschwinglicher geworden. Als Gründe werden gesunkene Kaufpreise, etwas niedrigere Kreditzinsen und steigende Löhne angegeben. Teilen Sie diese Einschätzung?
Der Hauptgrund für den Aufschwung in 2024 im Immobilienmarkt ist der ungebremste Wunsch nach den eigenen 4 Wänden. In 2023 gab es sehr viele Unsicherheiten im Markt und dies sorgte für deutlich weniger Verkäufe. Sei es die Energiekrise und das geplante Heizungsgesetz, der Krieg in der Ukraine und die sehr schnell gestiegenen Kreditzinsen. Fördernd ist aktuell auch der sehr angespannte Mietwohnungsmarkt. Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung lässt aktuell eher wieder eine Eintrübung erwarten.
Bis 2022 darf man durchaus von einem Immobilienboom in Deutschland sprechen. Ist mit einem solchen Boom erneut zu rechnen? Was müsste dafür auf welcher Ebene geschehen?
Gerade eher nicht – die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und die vielen Krisenherde auf der Welt sprechen gegen einen Boom. Die Politik sollte schnellstmöglich durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass die deutschen Unternehmen positiv in die Zukunft blicken können und das BIP (Bruttoinnlandsprodukt) wieder steigt und die Rezession vorbei ist.
Kreditzinsen für Immobilien werden von vielen Faktoren beeinflusst. Trauen Sie sich dennoch eine Prognose zur weiteren Entwicklung zu?
Aktuell ist eine Prognose schwierig – ich gehe aber aufgrund der gesunkenen Inflation und weiterer Parameter von einer Seitwärtsbewegung mit geringeren Schwankungen aus.
Früher hatten Kreditverträge eine Laufzeit von zehn Jahren, seltener von 15 Jahren. Heute gibt es Angebote für 30 Jahre. Was erscheint aus Ihrer Sicht sinnvoll – natürlich vom aktuellen Standpunkt aus?
Das hängt eindeutig von den individuellen Kriterien und der finanziellen Ausstattung des einzelnen Kreditnehmers ab, welche dieser am besten mit einem Fachmann vor Ort besprechen sollte, um das bestmögliche Ergebnis für sich zu finden. Hierzu eine Pauschalaussage zu treffen wäre falsch.
Beschreiben Sie bitte die Entwicklung des Angebots verfügbarer Immobilien in Blomberg in den letzten 20 Jahren.
Der Immobilienmarkt ist immer in Bewegung und unterliegt gewissen Schwankungen. Diese habe ich in meiner langjährigen Zeit als Makler alle schon erlebt. Es ist schon interessant, den Wechsel von einem Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt und wieder zurück zu verfolgen. Es gab Zeiten, in denen das Angebot von Immobilien deutlich höher als die Nachfrage war und dann in der Boomphase das ganze genau andersrum.
Der Umsatz für Wohnimmobilien ist zuletzt stark gesunken, Experten gehen von einer Steigerung aus. Sie auch?
Die Zahlen des Gutachterausschuss des Kreises Lippe geben da einen genauen Marktüberblick und sind für jedermann einsehbar. Hier zeigt der Markt in diesem Jahr die von den Experten erwartete Steigerung. (Anmerkung der Redaktion: Auf der Seite www.kreis-lippe.de in der Suche einfach „Gutachterausschuss“ eingeben und dort auf „öffentliche Bekanntmachungen aus dem Bereich Geoinfo und Immobilienbewertung“ klicken.)
Immobilieninvestments für Kapitalanleger waren zuletzt recht unattraktiv? Wann ändert sich das voraussichtlich wieder?
Es gibt und gab immer gute Möglichkeiten für ein Investment – das entscheidende ist der Einstiegspreis und eine langfristige Anlagestrategie. Auch heute bietet der Immobilienmarkt gute Chancen für Anleger.
Stichwort Energie. Alte Häuser lassen sich nur schwer in Einklang mit der Energiewende bringen?
Ja das ist leider so. Da wir in Deutschland aber zu wenig Wohnraum haben muss auch der Altbestand auf eine sinnvolle Art und Weise energetisch saniert werden. Zu dieser Thematik gibt es viele Fachberater die Immobilienbesitzer kontaktieren können, angefangen über die handwerklichen Betriebe bis hin zu ArchitektInnen oder EnergieberaterInnen.
Was ist sinnvoller? Der Kauf einer alten Immobilie oder besser ein Neubau?
Aktuell ist darauf die Antwort des Marktes eindeutig – der Kauf einer gebrauchten Immobilie! Die Rahmenbedingungen für den Neubau – durch die gestiegenen Neubaukosten und höheren Zinsen – sind für viele nicht umsetzbar. Eine Förderung kann da helfen, teilweise ist die Umsetzung aber zu schwierig.
Der Bau einer neuen Immobilie hat finanzielle Dimensionen erreicht – da stellen sich viele Menschen die Frage nach der Finanzierbarkeit. Auf dem Saulsiek II wurden Häuser errichtet, die nicht selten über 650.000 Euro gekostet haben. Kann sich das eine Familie mit nur einem Verdiener noch leisten oder sind Immobilienkäufe nur noch „den oberen 10.000“ vorbehalten? Wir das Einfamilienhaus heute immer gleich zu einem Objekt, welches von zwei Generationen abbezahlt werden muss?
Das ist sicherlich ein Problem für den Normalverdiener und das Abbezahlen der eigenen vier Wände bis zum Eintritt ins Rentenalter für viele auch nicht machbar.
Heute spricht man schon bei Zinsen in Höhe von jenseits der 3 Prozent von hohen Zinsen, in den 70er Jahren lagen die Zinsen bei rund 10 Prozent. Warum hat man den Eindruck das es früher dennoch besser funktioniert hat?
Früher waren die Kosten der Bewirtschaftung der Immobilie im Verhältnis günstiger und wahrscheinlich auch die Bereitschaft auf vieles zu verzichten um sich den Traum der eigenen Immobilie erfüllen zu können.
Was sind generell die drei wichtigsten Punkte, welche beim Immobilienkauf berücksichtigt werden müssen?
Früher sagte man immer so schön Lage, Lage, Lage. Heute würde ich sagen die eigenen Wünsche müssen an die finanziellen Möglichkeiten angepasst werden, die Energiebilanz sollte Beachtung finden und die Möglichkeit der Nutzung auch im Alter.
Den Markt im Auge zu behalten ist nicht einfach, gerade für Laien. Haben Sie Tipps?
Sprechen sie mit einem Fachmann über ihre Immobilie und ihren Wunsch nach einer Immobilie.
Vielen Dank an Fachmann Stephan Duray für das gewährte Interview. Es bleibt also spannend auf dem Immobilienmarkt und Interessierte tun gut daran sich in der komplexen Thematik mit Experten auseinanderzusetzen und nicht vorschnell Entschlüsse zu fassen.