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Jahresbilanz am Ausbildungsmarkt der Agentur für Arbeit Detmold in Lippe 2024/ 2025

von | Okt. 30, 2025 | Wirtschaft

Eine gemeinsame Rückschau mit Industrie- und Handelskammer und Kreishandwerkerschaft

In der Agentur für Arbeit Detmold meldeten sich seit Oktober 2024 bis zum Abschluss des Ausbildungsjahres Ende September 2025 insgesamt 2.365 Bewerberinnen und Bewerber (Vorjahr 2.339 junge Frauen und Männer). Gleichzeitig wurden dem Arbeitgeberservice im Berichtsjahr 2024/ 2025 für Lippe 1.983 Ausbildungsstellen gemeldet. Im Vorjahr waren es 2.101. Im Bestand sind aktuell noch 116 zu besetzende Ausbildungsstellen, im Vorjahr waren es 95. 1.054 Bewerber wurden versorgt, sind also in Ausbildung eingemündet (Vorjahr 1.189), 145 Bewerber sind mit Stand Ende September unversorgt, gegenüber 121 in 2023/ 24.

Rainer Radler, Leiter der Agentur für Arbeit Detmold, ist ein Verfechter der dualen Ausbildung, und appelliert gleichermaßen an Unternehmen und junge Bewerber, die Kombination aus theoretischer Bildung in der Berufsschule und praktischer Ausbildung im Betrieb möglich zu machen und das Angebot, möglichst direkt im Anschluss an den Schulabschluss, wahrzunehmen. Aber auch die die Relevanz der schulischen Ausbildung darf nicht unterschätzt werden. Denn auch in den Pflege- und Gesundheitsberufen besteht ein dauerhafter Bedarf an Nachwuchs. „Die Zahl der Interessenten für eine schulische oder duale Ausbildung sinkt seit Jahren kontinuierlich, gleichsam wächst der Fachkräftebedarf.

Um dem gerecht zu werden, ist es wichtig, jeden Jugendlichen frühzeitig bei dem Übergang von Schule in Ausbildung zu begleiten und zu unterstützen. Eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales initiierte Ausbildungsgarantie umfasst verschiedene Beratungs- und Unterstützungsangebote, angefangen bei der beruflichen Orientierung und Beratung, bis hin zu Hilfen bei der Aufnahme und für den erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung. Wir ermutigen alle Unternehmen, sich über die umfangreichen finanziellen Fördermöglichkeiten im Rahmen der Ausbildungsgarantie zu informieren.“ Die Agentur für Arbeit unterstützt in diesem Rahmen die Entscheidungstragenden mit den Möglichkeiten des umfassenden Dienstleistungsangebotes der Berufsberatungen und der Arbeitgeber-Services in den Agenturen.

Radler fügt weiter aus: „Wir wissen alle, dass die lokalen und regionalen Arbeitsmärkte unter der Konjunkturschwäche der vergangenen Zeit leiden. Die Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) ist für ihre Hidden Champions bekannt: große Marken, große Unternehmen, große Mitarbeitenden-Zahlen. Die wirtschaftliche Stärke der Arbeitsagenturbezirke in der Region liegt jedoch auch in seiner breiten mittelständischen Unternehmensbasis. „Damit der Standort wirtschaftlich vital bleibt, braucht es bestens qualifizierte Mitarbeitende, und einen leistungsfähigen Nachwuchs: (dual) Studierende und insbesondere betriebliche Auszubildende. Diese jungen Menschen sind als Mitarbeitende der Zukunft auch Hidden Champions, die entsprechend zu fördern sind“, erklärt der Leiter der Agentur für Arbeit Detmold. Für 2025 standen der Arbeitsagentur Detmold 2.506.661 Euro für die berufliche Eingliederung und Qualifizierung von Jugendlichen zur Verfügung. „Für das kommende Jahr wird es mindestens genauso viel geben, tendenziell etwas mehr“, so die Prognose von Radler.

Die finanzielle Unterstützung ist ein unerlässlicher Hebel, doch Geld allein löst auch in diesem Fall nicht alle Herausforderungen, weiß Sabine Gulfam, Teamleiterin der Berufsberatung vor dem Erwerbsleben der Agentur für Arbeit Detmold. „Wir stehen seit Jahren vor bis dahin unbekannten gesellschaftlichen Umwälzungsprozessen, die auch die Ausbildungssituation unmittelbar betreffen. „Die Welt der jungen Menschen in Bezug auf den Übergang von der Schule in den Beruf wird zunehmend bunter: Es gibt immer mehr Möglichkeiten, seien es Austauschprogramme, Work and Travel, also die Kombination aus Arbeiten und Reisen, ein ökologisches oder soziales Jahr, ein duales Studium, und immerhin mehr als 350 anerkannte duale Ausbildungsgänge, wobei noch Ausbildungsmöglichkeiten in Privatschulen hinzukommen.

Auch das vermeintlich „schnelle Geld“ lockt Jugendliche, weshalb gerne Alternativen zum klassischen Ausbildungsgang erprobt werden: von der Vollerwerbstätigkeit bis hin zu selbständiger Arbeit, sei es als Influencer in den sozialen Medien, sei es im Kleingewerbe in unterschiedlichen Branchen. Und last but not least, stellen wir auch seit Jahren einen Trend zur Akademisierung fest. Das ist alles weder gut, noch schlecht, sondern ein normales Marktgeschehen, zumal wir in Deutschland zum Glück die Berufsfreiheit im Grundgesetz fest verankert haben“, so Gulfam. „In der Folge hat dies Auswirkungen: Wir können junge Menschen lediglich gut beraten, betreuen, und vermitteln. Welchen Weg jede und jeder Einzelne dann einschlägt, ist eine individuelle Entscheidung.“

Gulfam sieht für weiterhin Ausbildungssuchende noch realistische Chancen: „Kurzfristige Nachvermittlungen in duale Ausbildung oder in weitere Angebote wie bezahlte Langzeitpraktika oder berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen werden von der Berufsberatung unterstützt. Eine Kontaktaufnahme zur Berufsberatung lohnt sich also in jedem Fall!“ In der aktuellen Nachvermittlungsphase und für den Ausbildungsbeginn 2026 unterstützt der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur Unternehmen bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze kostenfrei unter der Hotline 0800 4555520. Junge Leute auf Ausbildungssuche melden sich per Mail: Detmold.Berufsberatung@arbeitsagentur.de.

Martin Raithel, Abteilungsleiter der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe) und verantwortlich für den Bereich Aus- und Weiterbildung sowie Fachkräfte, betrachtet die aktuelle Lage der Ausbildung in Lippe mit großer Sorge: „Wir haben 2025 eine doppelte Schieflage. Einerseits ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Lippe deutlich zurückgegangen – ein Einschnitt, den wir in dieser Deutlichkeit lange nicht gesehen haben. Andererseits bleiben gleichzeitig so viele Ausbildungsplätze unbesetzt wie noch nie. Das bedeutet: Immer weniger junge Menschen starten überhaupt eine Ausbildung, während die Unternehmen händeringend auf Nachwuchs warten. Diese Entwicklung gefährdet die Fachkräftesicherung unserer Region massiv.“

Raithel unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf für die Fachkräftesicherung in der lippischen Wirtschaft: „Wir müssen jetzt alle Hebel in Bewegung setzen – Unternehmen, Kammern, Agentur für Arbeit, Schulen, Berufskollegs und Politik.“ Gleichzeitig nimmt Raithel nicht zuletzt auch die Eltern in den Fokus: Denn Eltern sind die wichtigsten Ratgeber bei der Berufswahl. Sie können ihren Kindern Mut machen, eine Ausbildung als echten Karriereweg zu sehen. Es gehe grundsätzlich darum, die berufliche Bildung neu ins Zentrum zu stellen und das ‚Lebensgefühl Ausbildung‘ wiederzuentdecken.

In die Zukunft blickend hebt Raithel hervor: „Die bundesweite IHK-Azubi-Kampagne #könnenlernen bleibt ein wichtiges Instrument, um die Chancen und Perspektiven einer dualen Ausbildung sichtbar zu machen. Aber klar ist: Allein mit Imagearbeit kommen wir nicht weiter – wir brauchen jetzt entschlossenes Handeln, um die drohenden Lücken auf dem Ausbildungs- und Fachkräftemarkt zu schließen!“ Das Handwerk ist und bleibt ein starker Ausbilder für hunderte junger Menschen im Kreis Lippe. Dennoch fiel die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverträge im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent und landet damit auf dem Niveau des Jahres 2023.

Dabei gelte es, Folgendes zu beachten: „Nicht jeder Ausbildungsbetrieb bildet in jedem Jahr gleich viel Nachwuchs aus“, erklärt Andrea Hegerbekermeier, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe. Manche Betriebe würden nur wenige Auszubildende beschäftigen und stellten diese daher nur alle zwei oder drei Jahre neu ein. Eine moderate Schwankung sei somit nicht ungewöhnlich. Trotzdem bleibt die Suche nach engagierten Nachwuchskräften auch im Handwerk herausfordernd und in einigen Gewerken besonders schwierig. Hierzu zählt insbesondere das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe, wozu u.a. Maurer oder Zimmerer gehören. Die drei top Ausbildungsberufe bleiben traditionell KfZ-Mechatroniker, Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik sowie Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

„Das Handwerk ist zukunftssicher – und das ist nicht nur ein Schlagwort“, betont Hegerbekermeier. „Unsere Berufe bieten ein modernes Umfeld, gute Verdienstmöglichkeiten, ein hohes Maß an Teamarbeit und traditionell familiäre Strukturen.“ Dies seien durchgängig wichtige Kriterien für junge Menschen bei der Berufswahl. „Wir merken bei unseren vielfältigen Aktivitäten zur Berufsorientierung, dass das Handwerk bei den Schülerinnen und Schülern deutlich an Interesse gewinnt.“ Auch Eltern als wichtige Meinungsbildner bei der Berufswahl stünden einer Ausbildung im Handwerk wieder positiver gegenüber. Wichtig sei nun, dass sich das auch in Bewerberzahlen niederschlägt.

Das vierköpfige Team der Ausbildungsoffensive der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe engagiert sich auf vielen Ebenen dafür, junge Menschen und Betriebe zusammenzubringen. Dabei gelte: Noten allein sind nicht alles – wichtiger seien Motivation, Zuverlässigkeit und der Wille, etwas zu lernen und Verantwortung zu übernehmen. „Wir brauchen Fachkräfte und wir brauchen auch Leistungsträger“, so Hegerbekermeier weiter. „Jugendliche, die Lust haben, sich einzubringen, Teil eines starken Teams zu werden und etwas zu bewegen. Im Handwerk geht es um Fairness, um klare Regeln, transparente Kriterien und die Anerkennung von Anstrengung.“

Ein zentrales Anliegen bleibt dabei, Auszubildende gut durch die gesamte Lehrzeit zu begleiten und Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. „Wer frühzeitig ein realistisches Bild von einem Beruf bekommt, trifft sicherere Entscheidungen bei der Ausbildungswahl. Frühzeitige Einblicke durch Praktika bleiben die beste Möglichkeit, um sich nachhaltig einen Ausbildungsplatz in dem gewünschten Beruf zu sichern – und sich seiner Wahl sicher zu sein“, so Hegerbekermeier. Auch hier stehe das Team der Ausbildungsoffensive als Mittler bereit und könne auch kurzfristig Praktikumsplätze in alle Gewerke vermitteln. „Das Handwerk bietet jungen Menschen eine solide, erfüllende und sichere Zukunft – und das in einer Zeit, in der viele andere Berufsbilder durch KI oder Automatisierung infrage gestellt werden“, fasst die Geschäftsführerin zusammen. „Handwerk bleibt menschlich, echt und unverzichtbar.“

Pressemeldung: Agentur für Arbeit Detmold

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