Es ist ein Paukenschlag für den heimischen Bundesligisten und deren Fans, das Gesicht der HSG Blomberg-Lippe kehrt der Nelkenstadt im Sommer den Rücken um neue Ziele zu verfolgen.
2013 wechselte die in Bielefeld beheimatete Spielmacherin im Alter von 13 Jahren von der TSG Altenhagen-Heepen ins Blomberger Handballinternat. Mit der B-Jugend wurde Sie 2014, ein Jahr später mit der A-Jugend – in der Franz parallel spielte – deutsche Vizemeisterin. Franz galt als Ausnahmetalent und holte sich mit Ihrer Mannschaft 2016 zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte die deutsche Meisterschaft in der B-Jugend, kurz vorher sogar die deutsche Schulmeisterschaft.
Unter der damaligen Leitung von André Fuhr durfte Sie am 19. November 2016 zum ersten Mal Bundesligaluft schnuppern, seit 2018 gehört sie fest zum Kader der höchsten Spielklasse und konnte sich, trotz ihrer vergleichbar kleinen Körpergröße, zu einer gestandenen Spielerin im Bundesligazirkus kämpfen. Auch der DHB wurde früh auf das Talent aus Ostwestfalen aufmerksam, bei der U-18 (2016) sowie der U-20 Weltmeisterschaft 2018 vertrat Franz die deutschen Farben, 2021 dann das Debüt gegen Portugal in der Frauennationalmannschaft unter Henk Groener. Es hätte nicht besser laufen können, als Führungsspielerin der HSG Blomberg-Lippe überraschte Franz immer wieder die Liga mit ihrer Spielweise und wurde 2020/21 zur Spielerin der Saison, MVP (MVP – Most Valuable Player), gekürt.
Am 24. September 2021 dann der erste Schicksalsschlag. Vor dem Bundesligaspiel gegen den Thüringer Handballclub in der Phoenix Contact Arena wurde Franz von der HBF (Handball Bundesliga Frauen) für die herausragende Saison 20/21 geehrt. Mit Freudentränen und Blumenstrauß, ein bewegender Moment in Ihrer jungen Karriere. Nur wenige Minuten später ging Franz zu Boden und schrie vor Schmerzen, ein riesiger Schock und der Bruch in einer bis dato makellosen Handballkarriere, Diagnose Kreuzbandriss. Die Saison war für sie gelaufen, Operation, Reha, hartes Arbeiten fürs Comeback. Nele Franz zeichnet ein enormer Ehrgeiz aus, so dass 2022 dann die erfolgreiche Rückkehr auf die Platte erfolgte, doch das Handballglück hielt nicht lange an. Bereits im November erlitt Franz in einem Heimspiel einen Meniskusriss, humpelte zur Auswechselzone. Erneut war sie zum Zuschauen verdammt, erneut Operation, erneut die Rückkehr einige Wochen später.
Was dann geschah, ist kaum in Worte zu fassen. Bei einem Routinecheck wurde eine Reruptur des Kreuzbandes festgestellt, das letzte Saisonspiel, gegen den VFL Oldenburg, welches über die Teilnahme am EHF-Cup entschied, verbrachte Franz auf der Bank. Obwohl sie schmerzfrei war, wollte man das Risiko nicht eingehen. Die HSG verpasste damals die Europapokalplätze und Franz unterzog sich einer weiteren Operation.
Bis heute arbeitet Nele Franz hart in der Reha, viel Schweiß und mit Sicherheit auch Tränen sind bisher geflossen, alles für ein weiteres Comeback. In ihrem Trikot der HSG Blomberg-Lippe mit der Nummer 21 wird sie dieses allerdings nicht mehr feiern, die 24 jährige Lehramtsstudentin verlässt zum Ende dieser Saison den lippischen Bundesligisten nach 11 Jahren Zugehörigkeit. Ein Schritt, den viele mit Sicherheit anders erwartet und sich auch gewünscht hätten. Nicht nur sportlich ein Verlust, war sie doch bei Sponsoren und Medienvertretern als Aushängeschild für die Nachwuchsarbeit bekannt und beliebt zugleich. Zahlreiche Banner und Werbeanzeigen bilden die junge Sportlerin ab und setzen so ein Zeichen für Heimattreue und Leistungssport zugleich. Des weiteren unterstützte Franz bei Jugendmannschaften und war auch bei den Kleinen immer ein gefragtes Fotomotiv.
Nach den Abgängen Ndidi Agwunedu (Bielefeld) und Mia Zierke (Minden), sowie Leni Ruwe (Spenge/Herford), die ihre Handballpause und somit den Weggang aus Blomberg bekannt gegeben hat, verliert die HSG mit Nele Franz nun das vorerst letzte Eigengewächs aus Ostwestfalen-Lippe.
Text: Christian Frost
Und hier noch die Auszüge aus der aktuelle Pressemitteilung der HSG
Nele Franz blickt auf tolle HSG-Jahre zurück und möchte nun einen Neustart hinlegen: „Ich bedanke mich bei der HSG für viele tolle Jahre in Blomberg. In bin 2013 als junge Spielerin hergekommen und habe mich in der Zeit persönlich, beruflich und sportlich sehr weiterentwickelt. Ich habe so gut wie die Hälfte meines Lebens in Blomberg verbracht und viele tolle Menschen kennengelernt. Während meiner laufenden Reha habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, wie es mit meiner Handballlaufbahn weitergehen soll.
Ob es nach elf Jahren mit vielen Erfolgen, wie z.B. dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft 2016, aber auch einigen Tiefpunkten, vor allem in den letzten 3 Jahren in verschiedenen Aspekten, nicht an der Zeit ist, ein neues Kapitel aufzuschlagen und die Komfortzone zu verlassen. Nach den Verletzungen möchte ich jetzt woanders neu angreifen, von null starten und neue Ziele verfolgen. Auch, weil ich hier nicht mehr 100%iges Vertrauen gespürt habe. Leider werde ich voraussichtlich, aufgrund der aktuellen Verletzung, kein Spiel mehr für die HSG bestreiten – auch das habe ich mir anders gewünscht. Ich bedanke mich für eine wahnsinnig lange Zeit, welche ich nie vergessen werde. Danke Blomberg!“
HSG-Trainer Steffen Birkner äußerst sich wie folgt über den Abgang von Franz: „Nach dem zweiten Kreuzbandriss haben wir Nele sofort zugesichert, dass sie weiter Bestandteil des Vereins bzw. der Mannschaft sein kann, daher finde ich es zuerst einmal schade, dass sie unser Vertragsangebot nicht angenommen hat. Ich verstehe aber natürlich, dass Nele nach fast 2,5 Jahren Reha und Aufbautraining nicht viele Spiele bestreiten konnte und deshalb nun an anderer Stelle neue Impulse bekommen möchte, um auch mit einem anderen Umfeld wieder positiv zurückzukommen.
Ich denke, dass wir die letzten Jahre alles getan haben, um Nele das auch bei uns zu ermöglichen, verstehe aber auch, dass sie bei einem anderen Verein mit anderen Zielen und ihrer alten sportlichen Leistungsfähigkeit besser zurückkommen kann. Es ist für uns natürlich ein Verlust, da Nele viele Jahr für die HSG gespielt hat und hier vieles durchlaufen hat. Unsere medizinische Abteilung wird weiterhin alles dafür tun, um sie bis zum Sommer in eine gute Form zu bekommen. Ich wünsche Nele alles Gute für ihre Entscheidung und wünsche mir, dass sie ihre Ziele erreicht, eine gute Rolle in ihrem zukünftigen Verein spielen wird und verletzungsfrei bleibt.“
HSG-Geschäftsführerin Franziska Rautauoma fügt hinzu: „Neles Abgang ist für uns natürlich sehr schade und schmerzlich. Sie hat sich bei der HSG von einer Jugendspielerin zur gestandenen Bundesligaspielerin entwickelt und gehörte bis zu ihrer Verletzungsserie zu den Leistungsträgerinnen und zu den prägenden Persönlichkeiten bzw. Identifikationsfiguren des Vereins. Nach der Reruptur im Sommer haben wir Nele unsere vollste Unterstützung zugesagt und auch direkt klargestellt, dass wir ihr für die kommende Saison ein Vertragsangebot unterbreiten werden.
Dazu haben wir zu Beginn dieses Jahres erste konkretere Gespräche geführt und ein erstes Angebot unterbreitet. Daraufhin hat Nele uns ihre Entscheidung mitgeteilt, die HSG im Sommer verlassen zu wollen. Ich wünsche Nele sportlich und privat nur das Beste und drücke ihr alle Daumen, dass ihr Comeback gelingt, sie eine erfolgreiche und vor allem verletzungsfreie Saison spielt und zu ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit zurückfindet. Und wer weiß, vielleicht ist es auch erstmal nur das Ende eines Kapitels und nicht der ganzen Geschichte.“
Pressemeldung: HSG
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