
V. l.: Steuerungsgruppe des Kooperationsgremiums positioniert sich: Melanie Schmidt und York Clases (beide Kommissariat für Kriminalprävention und Opferschutz der Kreispolizeibehörde), Nicole Krüger (Kreis Lippe – Gleichstellungsbeauftragte), Landrat Meinolf Haase, Marie Welpman (Frauenberatungsstelle Alraune e.V.), Darja Klassen (Stadt Detmold – Gleichstellungsbeauftragte). (© Kreis Lippe)
Kooperationsgremium sensibilisiert zum Thema „Gewalt gegen Frauen“
Ein deutliches Zeichen gegen Gewalt an Frauen: Das Kooperationsgremium „Für Lippe gegen häusliche Gewalt“ traf sich zum zweiten Mal in diesem Jahr im Kreishaus. Rund 50 Vertreter aus dem gesamten Spektrum der Hilfesysteme – von Beratungsstellen über Jugendämter, Opferschutz und Polizei bis hin zu Staatsanwaltschaft und Familiengerichten – haben teilgenommen. Als neuer Schirmherr eröffnete Landrat Meinolf Haase die Veranstaltung und machte dabei deutlich, dass er in seinen Funktionen als Landrat, Leiter der Kreispolizeibehörde und Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums dem Themenfeld Gewalt gegen Frauen mehr Gewicht geben will. Hierfür legt er den Fokus auf mehr Netzwerkarbeit auf Kreis-, Landes- und Bundesebene: „Wir bleiben zusammen dran. Für die Menschen, die unsere Hilfe brauchen.“
Inhaltlich widmete sich das Gremium der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Verbindung mit aktuellen Entwicklung zum Gewalthilfegesetz des Bundes. Zudem stand das Thema „Femizide“ im Mittelpunkt. Referentin Dr. Julia Habermann von der Ruhr-Universität Bochum stellte hierzu wesentliche Erkenntnisse zu Femiziden vor. Die mehrfach ausgezeichnete Forscherin erläuterte, warum dieser Begriff wichtig ist: Er bezeichnet die Tötung von Frauen, bei der Geschlecht und geschlechtsspezifische Machtverhältnisse eine zentrale Rolle spielen. In vielen Fällen, so Habermann, stehen nicht spontane emotionale Ausbrüche im Vordergrund, sondern langfristige Muster von Machtausübung, Kontrolle und Dominanz.
Auffällig sei zudem die unterschiedliche Bewertung solcher Taten in der Rechtswissenschaft und in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Während Gerichte in Tötungsdelikten innerhalb von Partnerschaften oft von Verzweiflung, Überforderung oder einer emotionalen Ausnahmesituation des Täters sprächen, zeigten sozialwissenschaftliche Analysen klare und lang andauernde Strukturen von Macht- und Besitzanspruch. Diese Differenz habe direkte Auswirkungen auf die rechtliche Einordnung und könne dazu führen, dass Partnerinnentötungen seltener als Mord bewertet werden, erklärt die Referentin.
Besonders eindrücklich schilderte sie die Dynamik sogenannter Trennungsfemizide. Häufig gehe der Gewalttat ein über längere Zeit aufgebautes Kontrollverhalten voraus. Dazu zählen Einschränkungen sozialer Kontakte, systematische Abwertung, finanzielle Kontrolle oder ständige Überwachung. Die Referentin machte deutlich, dass diese Kontrolle häufig dann zunehme, wenn Frauen beginnen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Diese Muster fänden sich auch in mehreren Fällen der vergangenen Jahre aus dem Kreis Lippe, die Habermann zur Verdeutlichung heranzog. Entscheidend sei daher eine enge Zusammenarbeit aller beteiligten Fachstellen.
Polizei, Jugendämter, Beratungsstellen, medizinische Dienste und Justiz müssten Informationen besser bündeln, um wirksame Schutzkonzepte für gefährdete Frauen zu entwickeln. Die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Lippe, Nicole Krüger, die die Sitzung moderierte, unterstrich in der anschließenden Diskussion die Verantwortung der Region: „Ein stabiles Hochrisikomanagement schützt gefährdete Frauen. Für den Kreis Lippe ist es ein wichtiges Anliegen, unsere bestehenden Strukturen zu prüfen und institutionsübergreifend weiterzuentwickeln, damit Warnzeichen nicht nur frühzeitig erkannt werden, sondern auch darauf reagiert werden kann.“
Neben dem inhaltlichen Input stellte die Gleichstellungsstelle auch einen aktuellen Clip vor, der in Zusammenarbeit mit der HSG Blomberg-Lippe entstanden ist. Hierin positionieren sich die Handballerinnen entschieden gegen Gewalt an Frauen und der immer wieder vorkommenden Täter-Opfer-Umkehrung. Sie stellen klar, dass Kleidung, Verhalten oder Umfeld niemals Gewalt rechtfertigen. Gleichzeitig gibt der Clip den Hinweis auf die anzeigenunabhängige Spurensicherung im Klinikum Lippe Detmold. Sie ermöglicht es Betroffenen, nach der medizinischen Akut-Versorgung ebenso Tat-Spuren vertraulich sichern zu lassen – ohne sofort entscheiden zu müssen, ob sie jetzt oder später eine Anzeige erstatten möchten. Betroffene können so selbst bestimmen, wie und ob sie handeln wollen. Bei der Umsetzung des Clips hat AWesA, der Marketingpartner der HSG, unterstützt. Das Video gibt es auf Instagram unter ass.lippe. Mehr Informationen zur Gleichstellungsstelle gibt es unter www.kreis-lippe.de












